Text und Fotos von Dr. Elmar Zohren
Das alte Dorf Worblingen mit der Aach. Im Hintergrund von links nach rechts der östliche Teil des Hardberges (heute mit einem Mobilfunkmasten versehen), der bewaldete Ritterstuhl und der kahl wirkende, langgestreckte und zu Bohlingen gehörende Galgenberg.
Der Landkreis Konstanz, in dem Worblingen ein Ort unter sehr vielen anderen ist, besitzt 62 Naturschutzgebiete, 66 Flächenhafte Naturdenkmale und sehr viele punktuelle Naturdenkmale. Insgesamt stehen 5 % der Kreisfläche unter Naturschutz. Weitere 26 % unterliegen dem großflächigen Schutz des Landschaftsschutzgebietes.
In die Gemarkung Worblingen reicht kein einziges Naturschutzgebiet hinein, und nur zwei Naturdenkmale kann Worblingen sein eigen nennen: den Hügel Junkernbühl und das Flächenhafte Naturdenkmal „Krumme Reute“, das einen nicht aufgefüllten Teil der ehemaligen großen Kiesgruben im dortigen Gewann darstellt (insgesamt nur 0,38 ha).
Auf der Gemarkung Worblingen befindet sich auch kein natürliches Stillwasser (Weiher oder See). Zwei Teiche entstanden erst während der letzten Jahre (das große Flachwasser im Kiesgrubenareal und der Teich im Gewann Bürgenwiese an der Grenze zu Bohlingen).
1987 sammelte sich sehr viel Wasser im Worblinger Kiesgrubenareal, da eine Versickerung auf Grund der Deponie von Gießereisanden zusammen mit Bentonit eine wasserundurchlässige Schicht im Boden war. So bildete sich Worblingens einziges Stillgewässer, das heute Lebensgrundlage für viele Tierarten und besondere Feuchtgebietspflanzen bildet. Es erstaunt immer wieder, wie wenige Worblinger den einzigen Weiher ihres Dorfes kennen.
Worblingen als Teil der Gemeinde Rielasingen-Worblingen gehört zu einer der am stärksten expandierenden Kommunen des Kreises Konstanz , und entsprechend groß war der Landschaftsverbrauch für Neubaugebiete. Es kommt in dieser Gemeinde noch eine Besonderheit hinzu: während im Kreisdurchschnitt zwei Drittel der Landwirte ihren Hof im Nebenerwerb betreiben, sind dies in Rielasingen-Worblingen nur ein Drittel. Zwei Drittel der Landwirte in Rielasingen-Worblingen sind Haupterwerbsbetriebe. Da letztere immer weiter gewachsen sind und weiter wachsen müssen, ist die Möglichkeit, dass Ackerflächen aufgegeben werden, in Worblingen praktisch nicht gegeben. Vielmehr muss intensive Landbewirtschaftung betrieben werden.
Obwohl ein großer Flächenanteil Worblingens in der Aach-Aue gelegen ist, fehlen Worblingen naturnahe Riede, wie sie in etlichen anderen Aachgemeinden in großem Umfang gegeben sind – so z. B. in Bohlingen , direkt an Worblingens Ostgrenze anschließend, das Naturschutzgebiet ‚Bohlinger Aachried‘.
Lohnt es sich unter diesen Bedingungen überhaupt, die Natur von Worblingen genauer unter die Lupe zu nehmen, oder soll der Naturinteressierte um Worblingen einen Bogen machen? – Es heißt: „Wer suchet, der findet!“, und dieses Sprichwort gilt auch für Worblingen. Also begeben wir uns auf die Suche!
Zur Geologie
Erste Station sollen die Molassekeller am südlichen Fuß des Hardberges in den Gewannen „Bühl“ und „Sandbühl“ sein. – Unter Molasse versteht man das Gestein, das sich im so genannten Molassebecken bildete. Dieses Becken sank nördlich der Alpen ein, als diese beim Zusammenstoß zweier Kontinentalplatten aufgefaltet wurden. Das Molassebecken war über sehr lange Zeiträume mit Süßwasser gefüllt – wenn eine Verbindung zum Meer bestand, aber auch mit Meerwasser. Der Schutt, der aus den Alpen in dieses Becken eingetragen und später zu Gesteinen zusammengebacken wurde, heißt daher entweder Süßwassermolasse oder Meeresmolasse. Im Bereich des Hardberges haben wir es mit einem sehr weichen, sandigen Gestein aus Süßwassermolasse zu tun.
Daher war es leicht, Keller in diese Molasseschicht zu treiben, in welche die Bevölkerung Worblingens früher Bier und anderes lagern konnte.
Zu einer Zeit, als das Molassebecken längst aufgefüllt war, kam es vor ca.10 Millionen Jahren zum Hegauvulkanismus. In der ersten Phase warfen die Schlote unvorstellbare Mengen an Asche und Steinbrocken aus, so dass unsere Hegaulandschaft gebietsweise sehr hoch mit Auswurfmaterial bedeckt wurde. Dieses buk dann zu festem Gestein zusammen, dem so genannten Deckentuff. Noch heute sind diese Decken stellenweise bis zu 100 Meter dick.
Ein solcher Schlot befand sich auch auf Worblinger Gemarkung, der Junkernbühl, ein derzeit unscheinbarer Hügel, der im Winter Kindern als Schlittenberg dient – wenn mal Schnee liegt. Da er zum Naturdenkmal erklärt wurde, entging er der Abtragung und Bebauung. Fast alles, was der Schlot des Junkernbühls einmal ausspuckte, ist zwischenzeitlich abgetragen und abgeschwemmt worden. Nur an einer Stelle hielt sich die zusammengebackene Asche. Um sie zu sehen, müssen wir den Zickzackweg von Arlen zum Schienerberg hinauf gehen.
Der allergrößte Teil des Schienerberges besteht aus Material der Oberen Süßwassermolasse, also der Gesteinsart, die wir schon von den Molassekellern am Hardberg her kennen. Zwar gehört ein beachtlicher Teil des Schienerberg-Nordhanges zur Gemarkung Worblingen; um die dortige Molasse gut zu sehen, empfiehlt es sich aber, den Nachbarort Bohlingen aufzusuchen und die Bohlinger Schlucht zu begehen – oder aber, wie wir wollten, den Zick-zack-Weg südlich Arlen hinaufzusteigen. Dort stoßen wir auf eine bis zu 17 Metern dicke Schicht von Deckentuff, sehr wahrscheinlich Auswurf des Junkernbühls. Eine Altersbestimmung ergab 14 Millionen Jahre. Auf Grund der Dicke dieser Tuffschicht kann man den damaligen Ausbruch des Junkernbühl fast in die gleiche Größenordnung stellen wie die Eruption des Vesuvs im Jahre 79 n.Chr., bei der Pompeji verschüttet wurde.
Blick vom Hohentwiel auf die Gemeinde Rielasingen-Worblingen. Im Vordergrund der Münchriedwald, dann die ehemalige Singener Kläranlage, das Schnaidtholz, das Rielasinger Gewerbegebiet, das Worblinger Oberdorf, der Hittisheimer Hof, der Schienerberg und das Alpsteinmassiv (Säntis).
Aus dem Vergleich der Molasseschichten am Hardberg mit denen am Schienerberg weiß man, dass das Gebiet nördlich des Schienerbergs – also auch Worblingen mit dem Hardberg – absackte. Dieser daraufhin tiefer liegende Bereich diente während der vier Eiszeiten als Abflussrinne für Gletscherwasser, das sehr viel Kies und Sand mitführte. Hierauf geht das ausgedehnte Kiesfeld im Norden Worblingens zurück, von dem ein Teil abgekiest wurde bzw. noch wird.
Während der Eiszeiten (Glazialzeiten) wurde das heutige Gesicht der Worblinger Landschaft geformt. Molasse und Deckentuffe wurden zum allergrößten Teil abgetragen und, wo sie blieben, wurden sie mit hohen ;Massen von Gesteinsschutt der Gletscher und der Gletscherabflüsse überdeckt – so auf dem Hardberg und auf dem Schienerberg. Typische glaziale Landschaftsformen sind die Moränen, hügelartige Gebilde aus Schottermaterial. So entstanden ist z.B. der Witzenbohl.
Die jüngsten geologischen Bildungen auf unserer Gemarkung sind die Lehm- und Feinsandschichten am Fuße des Schienerberges – gebildet aus Feinmaterial, das vom Schienerberg-Nordhang abgeschwemmt wurde. Und dann natürlich auch die durch die Aach geformte Aue!
Die heutige Landschaft
Entscheidend für die natürliche Vegetation von Worblingen – wie auch vom gesamten westlichen Bodenseeraum und vom Hegau – ist der Umstand, dass die Böden alkalisch sind. Saure Böden sind eine Rarität. Deshalb fehlen hier bei uns typische Schwarzwald-Arten wie Heidel- und Preiselbeeren, Besenheide, Besenginster etc.
Die ursprüngliche Vegetation wurde ganz entscheidend durch den Menschen beeinflusst. Wie er die Landschaft in Worblingen nutzte, hat sich zwar im Laufe der Jahrhunderte geändert, stellt sich aber heute so dar: Es überwiegt Ackerland, insbesondere im Norden der Ortschaft, wo sich eine strukturarme Feldflur erstreckt. Südlich der Aach dominiert Grünland (Wiesen und Viehweiden). Der Hittisheimer Hof wartet mit einer Besonderheit auf: große Intensiv-Obstplantagen und neuerlich auch große Gemüseflächen, die von einem schweizerischen Betrieb bewirtschaftet werden. Aus früherer landwirtschaftlicher Kultur blieben zum Glück noch ausgedehnte Streuobstwiesenareale östlich der Ortschaft und am Witzbohl.
Stattliche Kernobstbäume sind für den weiteren Umkreis des Bodensees typisch.Ihre Schönheit erschließt sich nicht nur zur Blütezeit, sondern auch im laublosen Zustand. Im Hintergrund bei Sonnenuntergang das Rosenegg und davor die Worblinger Friedhofskapelle.
Ausgedehnte Waldungen besitzt Worblingen auf dem Hardberg und am Schienerberg-Nordhang. Dass die warme, südexponierte Seite des Hardberges eine große Anzahl verschiedener Baumarten aufweist, fällt insbesondere zur Zeit der Vogelkirschenblüte auf. Neben dem schönen Weiß dieser Baumart, die vor allem auch im benachbarten Hardwald stark vertreten ist, fällt das zarte Grün der vielen frisch austreibenden Baumarten auf, das in starkem Kontrast zum dunklen Wintergrün der vielen Waldkiefern und der Fichten steht.
Der südliche Waldrand des Hardberges weist als eine Besonderheit Elsbeeren und an einer Stelle auch den Schwarzwerdenden Geißklee, eine Ginsterart, auf. Schlehen sind zwar keine Besonderheit; wo sie aber am Waldrand vorkommen – wie im Umfeld des Hardberges – geben sie der Landschaft zur Zeit ihrer Blüte einen ganz besonderen Reiz.
Im Bereich des Hardberges befinden sich auch schöne, blumenreiche Pflanzenarten wie die Straußblütige Margerite, der Großblütige Fingerhut, der Schwalbenwurz, die Brennnesselblättrige Glockenblume, der Blut-Storchschnabel etc. Im Waldesinnern sind im Winterhalbjahr besonders auffällig Flächen, die von einem dunkelgrünen Sauergras bedeckt sind. Es handelt sich um die Wimper-Segge, einer Art, die in weiten Teilen Deutschlands fehlt.
Im nördlichen Teil der Gemarkung findet der Haselstrauch ideale Wachstumsbedingungen. Er bildet mächtige, vielstämmige Sträucher aus, welche im Vorfrühling mit ihren gelben Kätzchen das Landschaftsbild bestimmen. Das nördlichste Gewann der Gemarkung, die Haselhalde, wird nicht nur von Haselsträuchern beherrscht, sondern es trägt auch nach dieser Gehölzart seinen Namen.
Den Worblinger Teil des Schienerberg-Nordhanges kennt man mehr als Kulisse, denn aus unmittelbarer Anschauung. Wer den Schienerberg besteigt, tut dies entweder auf Arlener oder auf Bohlinger Gemarkung. Der Forstweg, der auf Worblinger Gemarkung am Hang hoch führt, endet vor Erreichen der Hangoberkante. Bei Begehung des unteren Hangbereiches fallen die vielen Eschen und Bergahorn auf. Unter diesen Bäumen breitet sich im zeitigen Frühjahr ein geschlossener Teppich aus Hohlem Lerchensporn (mit rosafarbenen und weißen Blüten), Scharbockskraut, Bärlauch, Wald-Schlüsselblume, Buschwindröschen, Lungenkraut, Waldveilchen, Aronstab, Einbeere, Salomonssiegel, Frühlings-Platterbse, Wald-Bingelkraut, Wald-Sauerklee und Wolligem Hahnenfuß aus. Die etwas höher am Hang wachsenden Rotbuchen und Lärchen geben dem Schienerberg bis fast in den Dezember hinein die warmen Farben der herbstlich verfärbten Blätter und Nadeln.
In der Aue der Aach würde, hätte der Mensch die Aach nicht reguliert und den Wald gerodet, Auenwald stocken, der zeitweise von der Aach überschwemmt werden würde. Wie solch ein Wald ausgeschaut hat, davon bekommt man einen Eindruck, wenn man das kleine Waldgebiet nördlich vom Hittisheimer Hof aufsucht. Wenn hier die eingebrachten Pappeln und Fichten auch keine standortgerechten Baumarten sind, so sind doch der Pirol-Ruf und die ausgedehnten Bestände von Wald-Schlüsselblumen, wie auch der feuchtnasse Boden typisch für einen Auenwald. In den letzten Jahren breitete sich hier sehr stark das Indische Springkraut aus – eine zwar sehr hübsche Blume, aber nicht heimisch und mit dem Drang, heimische Pflanzenarten zu unterdrücken.
Den Pirol bekommt man praktisch nicht zu Gesicht. Man kann nur seinen typischen Ruf hören, weshalb er auch Vogel Bülow genannt wird. Am Hardberg wird man immer das Grätschen des Eichelhähers vernehmen, zumeist auch das Miauen des Mäusebussards. Nicht selten bekommt man Milane zu Gesicht – zumeist den Rotmilan.. Manchmal schreckt der Spaziergänger auch Rehwild oder Feldhasen auf. Beim abendlichen Bummel kann er auch dem Fuchs begegnen. Leider ist eine gefährliche Tierart im Sommerhalbjahr am südlichen Waldrand des Hardberges auch sehr stark vertreten: die blutsaugende Zecke, auch Holzbock genannt.
Die Molassekeller am Hardberg wurden früher von Fledermäusen zur Überwinterung aufgesucht. Solche im Winterschlaf befindlichen Tiere sind sehr empfindlich gegen Störungen durch Menschen. Daher wurden einzelne Keller mit speziellen Fledermaustoren verschlossen. Leider überwintern dort derzeit aber fast keine Fledermäuse mehr.
Das Hardberggebiet weist für den Naturfreund noch einen absoluten Höhepunkt auf, den Hardhofbühl. Dieser süd- und ostwärts exponierte Steilhang wurde in früheren Jahren wahrscheinlich von Schafen und Ziegen beweidet. Das ist schon lange nicht mehr der Fall. Trotzdem verbuschten die brach gefallenen Hangweiden bis heute nicht. Vielmehr bildete sich eine ausgesprochene Magerrasenflora- und -fauna dort aus. Dominierende Blumen sind hier die Kalkaster, die Golddistel, das Doldenblütige Habichtskraut, die Kartäusernelke, der Hügel-Meister, der Aufrechte Ziest, der Gewöhnliche Dost, die Skabiosen-Flockenblume und die echte Skabiose. Aber auch viele Fransen-Enziane blühen hier im September, und eine unserer schönsten Orchideen, die Pyramiden-Orchis, kommt fast alljährlich, wenn auch nur in sehr geringer Zahl zum Blühen.
Die Aufnahme entstand neben einem Radweg in Worblingen. Der „Kleine Weinschwärmer“ (Deilephila porcellus) ist offenbar gerade aus der Puppe geschlüpft. Im Schutze eines Puppenkokons verbrachte er den Winter. Zu einem großen Falter gehört auch eine entsprechend große Raupe, die recht gefräßig ist. Gerne befrisst sie in Gärten und auf Terrassen Fuchsien und wird natürlich vom Fuchsienbesitzer vernichtet, wenn er die schwärzliche, nackte Raupe entdeckt. Würde er es auch tun, wenn er wüßte, welch prächtiger Falter sich aus der Raupe entwickelt?
Eine solche Blumenwiese lockt natürlich Falter an, weshalb je nach Jahreszeit Schmetterlingsarten in hoher Individuenanzahl zu finden sind (Bläulinge, Blutströpfchen, Schachbrettfalter, Große Ochsenaugen). – Dem Waldschachbrettfalter begegnet man im Frühjahr und Sommer auf besonnten Stellen der Waldwege des Hardberges fast auf Schritt und Tritt.
Besonders zahlreich sind auch die Heuschrecken am Hardhofbühl vertreten. Es dominieren die Sichelschrecken, die Zweifarbigen Beißschrecken und die Roten Keulenschrecken, Bis vor einigen Jahren kam hier auch noch als große Besonderheit der Warzenbeißer vor. Er wurde offenbar Opfer einer unüberlegten Mahd des gesamten Areals im September. – Auf den sonnigen Wirtschaftswiesen zwischen Hardbergwald und ‚Bühl‘-Hangkonnte die Lauchschrecke in sehr großer Zahl gefunden werden. Dies überrascht; denn die Lauchschrecke soll in feuchten Gebieten vorkommen, und zudem ist sie eine Art der Roten Listen.
Die Lauchschrecke (Parapleurus alliaceus) gilt als seltene Bewohnerin feuchter, sumpfiger Wiesen. Für Worblingen ist beides falsch: die Art ist ausgesprochen häufig, und sie kommt auch zahlreich auf den Südhangwiesen unterhalb des Hardberges vor, die keineswegs als Feucht- oder Nasswiesen zu bezeichnen sind. Dieses Tier wurde beim Gang durch die Wiese aufgeschreckt und sprang auf den Sockel eines Feldkreuzes, der weiß von Flechten ist.
Wiesen und Viehweiden stehen in Worblingen gegenüber den Ackerflächen deutlich zurück. Auf den Äckern sind die Wildkräuter (Unkräuter) trotz regelmäßigen Herbizideinsatzes noch nicht ganz ausgestorben. Es handelt sich aber leider nicht mehr um Feldblumen. Die Wildkräuter, die sich halten können, sind zwar oft groß und stark, aber nicht bunt (z.B. Gänsefuß- und Amarantharten. Noch häufiger sind Wildgräser („Ungräser“) auf den Äckern vertreten: Acker-Fuchsschwanz, Flughafer, Windhalm.
Den Feldblumen begegnet man heute nur noch dort, wo frisches Erdreich aufgeschüttet wurde: beim Straßenbau, in Kiesgruben etc. Dann entfalten sich solche Arten, deren Samen sehr lange im Boden überleben können, wie z.B. der herrliche Klatsch-Mohn. – Rohbodenflächen im Kiesgrubenareal können im Sommer ein Blumenmeer aufweisen, wobei besonders stark Einjähriger Feinstrahl, amerikanische Goldruten, Kratzdisteln, Kamillen, die Wolfszunge und Weidenröschen vertreten sind. Einzelne südexponierte Stufenböschungen an Wegen können in der Feldflur können zeitweise auch recht bunt sein, wobei hier insbesondere zu finden sind der Gewöhnliche Dost, das Leimkraut, das Seifenkraut, Thymian, aber auch immer wieder die Kartäuser-Nelke und hin und wieder die Arznei-Schlüsselblume. Wenn Strauchwerk aufkommt, so ist zumeist auch das Pfaffenhütchen dabei, das zur Fruchtzeit mit seinen Pfaffenkäpple die Spaziergänger erfreut, dann der Rote Hartriegel mit seinen dunkelroten Zweigspitzen, die besonders im Winterhalbjahr auffallen, und schließlich die Heckenrose mit ihren schönen Blüten und Hagebutten.
Die Aach kann in unserer Gemarkung leider nicht mehr ihren ursprünglichen Flusscharakter zeigen. Sie gleicht zumeist einem Kanal, und es ist nicht leicht, Mühlkanäle und Aachfluss voneinander zu unterscheiden. Da der alte Ort in der Aachaue gelegen ist, war Hochwasserschutz geboten, und so wurde die Aach begradigt. Insofern findet der Naturfreund an diesem Fließgewässer kaum gewässertypische Pflanzen- und Tierarten. Eine Besonderheit der Aach ist aber der starke Besatz mit dem Flutenden Hahnenfuß, der zur Blütezeit weiße Teppiche ausbildet. Neuerlich sieht man an der Aach auch gelegentlich außer Stockenten und – im Winter Reiherenten – die bei Fischern und Anglern so ungeliebten Kormorane.
Bezüglich der Gewässerflora- und -fauna haben die beiden auf der Gemarkung Worblingen angelegten Stillgewässer weit mehr als die Aach zu bieten. Am Rande des Großen Flachwassers im Kiesgrubenareal wachsen Schilfrohr, Breitblättriger Rohrkolben, Teichbinse sowie Großseggen in Bulten und rasenartig. Hier bauten Höckerschwäne und Zwergtaucher Nester, zieht die Bläßralle regelmäßig Junge auf, lauert der Graureiher seinen Opfern auf, singt der Teichrohrsänger sein knarrendes Lied und jagen Schwalben über die Wasserflächen. Dabei handelt es sich nicht nur um Rauch- und Mehlschwalben, sondern auch in manchen Jahren um Uferschwalben; denn diese haben schon etliche Male in den östlichen Kiesgruben Brutkolonien gehabt.
Das Große Flachwasser ist eine Einzigartigkeit: es liegt auf dem Berg und nicht im Tal, wo ansonsten Gewässer zu finden sind, und es hat keinen Zufluss. Der Teich besteht nur aus Niederschlagswasser. Dieses verdunstet zwar in normalem Ausmaße, versickert aber nicht; denn im Untergrund befindet sich eine wasserundurchlässige Schicht, die aus der Verbindung von hier deponierten Gießereisanden mit Bentonit hervorgegangen sein soll. Im August 1983 konnte dieses Gewässer im letzten Augenblick vor dem Zuschütten gerettet werden.
Als dieser Teich entstand, war er zunächst ein Eldorado für Laubfrösche, die sich in Massen zum Ablaichen einfanden. Auch viele Kreuzkröten waren darunter. Leider setzten Aquarianer Goldfische ein, die sich massiert vermehrten, und das Gewässer war dann kein Laichplatz mehr für Laubfrösche. Noch immer wird der Teich aber zum Ablaichen von sehr vielen Erdkröten aufgesucht, und auch Wasserfrösche springen bei Annäherung noch immer ins Wasser.
Normalerweise werden in der Feldflur befindliche Kiesgruben rekultiviert, und es entstehen wieder Ackerböden – meist aber aus der Sicht des Landwirtes von wesentlich geringerer Qualität als vor der Abkiesung. Insofern ist es kein eigentlicher Verlust für die Landwirtschaft, wenn größere Bereiche des Worblinger Kiesgrubenareals der Natur überlassen wurden. Teich und Naturflächen sind heute das Ziel von Spaziergängern, und sommers wie winters werden sie hier vielen Goldammern – manchmal auch größeren Trupps dieser schönen Vogelart – begegnen. Aber auch Neuntöter und Turmfalke fallen gelegentlich auf, wenn man nach ihnen Ausschau hält. Ein Zoologe, der das Gebiet im Frühsommer 1998 untersuchte, notierte hier als weitere Arten Dorngrasmücke, Feldschwirl, Mönchsgrasmücke, Nachtigall, Braunkehlchen und Sumpfrohrsänger.
Der kleine Teich im Gewann ‚Beugenwiesen‘ sollte noch erwähnt werden. Er ist von einem Röhrichtsaum aus Schilfrohr und Breitblättrigem umgeben, und im Wasser sieht man die federartigen Blätter der Wasserfeder, eines schön blühenden Primelgewächses. Diese Rote-Liste-Art wäre eine Kostbarkeit unserer Gemarkung, würde sie hier ursprünglich vorkommen. Sie dürfte aber hier genau so eingebracht worden sein, wie Seerose und Zypergras-Segge ins Große Flachwasser des Kiesgrubenareals ausgebracht wurden..
Es gibt noch ein weiteres, aber sehr kleines Stillgewässer auf der Gemarkung – und zwar am Grunde des Flächenhaften Naturdenkmals ‚Krumme Reute‘. Hier wachsen Breitblättriger und Schmalblättriger Rohrkolben zusammen, neben einem großen Bestand der Teichbinse.
Die vielen Gräben – manchmal handelt es sich um begradigte Bäche – können sehr bunt sein, wenn Blutweiderich, Mädesüß, Behaartes Weidenröschen, Gilbweiderich, Wasserhanf und Rossminze blühen. Die Hauptpflanzenart der Gräben ist allerdings die Sumpf-Segge. Auch im Winter findet man in den Gräben grüne Unterwasserpflanzen, die im Sommerhalbjahr aus dem Wasser in die Höhe wachsen: Bachbunge und Berle. Und nicht zu vergessen die schöne Sumpfdotterblume, die im zeitigen Frühjahr sich so prächtig an den Grabenböschungen entfaltet.
Schließlich müssen noch die Obstwiesen erwähnt werden, von denen es in Worblingen zum Glück noch viele gibt. Da sie meist erheblich weniger gedüngt und gemäht werden als normale Wirtschaftswiesen, kann man auf ihnen weit mehr Blumen finden.
Flechten sind Lebewesen aus Pilzen und Algen. Sie kommen in verschiedenen Farben und Formen (z.B. als Krusten oder als Ministräucher) vor. Leider wird dieser Pflanzengruppe fast keine Beachtung geschenkt – im Gegenteil: wer Sauberkeit liebt, rückt dem Flechtenbewuchs zu Leibe. Dabei geht von Flechten keinerlei Gefahr aus. Ein Flechtenkundler käme ins Schwärmen, wenn er diesen Grabstein auf Worblingens jüdischem Friedhof sehen würde. Da hier niemand den Flechten zu Leibe rückte, konnten sie sich voll entfalten und uralt werden.
Wer durch den Ort spaziert und sich für Pflanzen interessiert, kann heute in den Vorgärten viele Pflanzenarten – meist Gehölze und Stauden – sehen, die Generationen vor uns nur dann zu Gesicht bekommen hätten, wären sie nach Nordamerika, China, Japan oder Korea gereist – also in Regionen, deren Klima dem unserigen ähnlich ist. Da die Vorgärten so viele Blumen bieten, wird man solche Pflanzen übersehen, die sich trotz des Ordnungssinnes der Bürger in irgendwelchen Nischen halten konnten und auch Besonderheiten sind. Erwähnt sei das Kleine Liebes, das sich die Abflussrinnsale unserer Straßen als Wuchsort aussuchte, oder der Schmalblättrige Doppelsame.
Aber auch Rasenflächen., die nicht gedüngt werden und wo das Gras immer mehr von krautigen Pflanzen verdrängt wird, können in Worblingen neben dem Gänseblümchen vielen anderen Pflanzenarten gute Lebensbedingungen bieten – z.B. dem Kleinen Habichtskraut, dem Acker-Frauenmantel, dem Frühlings-Fingerkraut, dem Mittleren Wegerich etc..